Kfz-Teile-Großhandel quo vadis?
Im Jahr 2021 gab es in Deutschland 14.460 fabrikatsgebundene und 22.110 freie Werkstätten. Die aktuelle Studie "Servicemarkt 2040" Perspektiven und Strategien von e-mobil BW geht davon aus, dass die Zahl der freien Werkstätten bis 2030 um 20 Prozent zurückgehen wird. Diese negative Entwicklung wird auf den Konzentrationsprozess im markengebundenen Fahrzeugmarkt zurückgeführt. Hieran sind jedoch erhebliche Zweifel angebracht, da der Alterungsprozess im Fahrzeugbestand zugunsten der freien Kfz-Betriebe noch nicht abgeschlossen ist. Zudem treibt die Ausdünnung des Händlernetzes durch die Automobilhersteller diese Betriebe in den "freien Markt"!
Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass sich die Nachfrage nach Kfz-Teilen weiter verschlechtern wird. Allein durch den geringeren Bedarf an Ersatzreifen aufgrund der Verbreitung von Ganzjahresreifen entfällt ein wichtiger Umsatz- und Margenbringer für die Kfz-Werkstätten. Der Wettbewerbsdruck im Aftermarket nimmt unvermindert zu und marginalisiert die Betriebe, die nicht "mit der Zeit gehen". Wie so oft, insbesondere im Mittelstand, sind dies die "Unterlasser" und nicht die "Unternehmer".
Großhandel was nun?
Der Konzentrationsprozess im Teile- und Reifengroßhandel hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Dabei haben die Teilegroßhändler mit ihren Kooperationsverbünden den Markt der Wiederverkäufer weitgehend unter sich aufgeteilt. Der Reifengroßhandel konnte bisher weitgehend ungehindert alle Kfz-Betriebe als Kunden gewinnen. Der Wettbewerbsdruck bezieht sich im Wesentlichen auf die Leistungsfähigkeit der angebotenen Online-Shops. Art und Umfang dieser Reifenkaufportale sind jedoch mittlerweile austauschbar und bieten kaum noch eine Präferenz für ein Unternehmen des Reifengroßhandels.
Der Kampf um den Kunden bzw. Wiederverkäufer hat sich in den letzten beiden Jahren zunehmend auf die Logistik verlagert. Die gestiegene Sortimentsvielfalt erfordert eine zeitnahe Belieferung der Werkstätten durch den Großhandel bzw. dessen Transportdienstleister. Reifengroßhändler mit einer eigenen Fahrzeugflotte und einem effizienten Einsatz waren und sind im Vorteil.
Die Konzentration im Aftermarket führt sowohl auf Seiten der Händler als auch auf Seiten der Großhändler zu einer steigenden Anzahl von "Big Playern". Während der Kfz-Teilegroßhandel seinen Absatz durch Kundenbindung über Werkstattkooperationen absichert, steht der Reifengroßhandel erst am Anfang einer ähnlichen Strategie. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der Kfz-Betriebe bzw. der Wiederverkäufer in den nächsten Jahren abnehmen wird und damit zwangsläufig auch das Kundenpotenzial für den Großhandel. Es ist nichts auszuschließen. Die "Big Player" des Kfz-Teilehandels werden in das Reifengeschäft einsteigen. Übernahmen werden nicht ausgeschlossen.
Fazit
Erst die Corona-Pandemie und nun der Konjunktureinbruch führen den Händlern im Kfz-Aftersales vor Augen, dass das Wachstum der Branche seine Grenzen hat. Der Ausleseprozess hat begonnen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf den Großhandel.
Wie stellt sich der Großhandel darauf ein? Hat er eine Strategie, um seine Kunden auf die Marktentwicklung einzustellen? Kann er seine Kunden an sich binden?
Wenn nicht, wenn er es unterlässt, wird er scheitern.